Trumps Sprachpolitik: Ihr habt hier keine Freunde mehr!

Die US-Regierung macht Politik mit Sprache. Erst wurde der »Golf von Mexiko« zum »Golf von Amerika« umetikettiert, jetzt geraten unliebsame Begriffe ins Visier: Die »New York Times« hat eine Liste mit Wörtern zusammengetragen, deren Gebrauch in offiziellen Dokumenten die Trump-Administration fortan einschränken oder gar ganz verhindern möchte. Die Empörung ist zu Recht groß, handelt es sich doch um einen in dieser Dimension einzigartigen politischen Eingriff in die Sprache, wie man ihn nur von autoritären Regimen kennt. Und das ausgerechnet in dem Land, das der free speech besonders große Bedeutung beimisst. Und doch lohnt es, genauer hinzuschauen.
Die »New York Times« weist selbst darauf hin, dass sprachliche Anpassungen in offiziellen Dokumenten übliche Praxis bei der Amtsübernahme neuer Regierungen sind. Schlagwörter zu platzieren, die die eigenen politischen Werte und Ziele auf den Begriff bringen, ist ja genau Ausdruck des pluralen Meinungswettstreits, der öffentliche demokratische Diskurse auszeichnet. Außergewöhnlich bei der sprachpolitischen Linie der Trump-Regierung ist aber, dass es ihr weniger um Neuprägungen als um eine konsequente Auslöschung der sprachlichen Innovationen der Vorgängerregierungen aus dem Lager der Demokraten geht. Und diese verfolgten vor allem ein Ziel: mehr Sichtbarkeit und Anerkennung für Minderheiten und marginalisierte Personen. Die Benennung von Diskriminierung gehört hier ebenso dazu wie die diversifizierenden Labels etwa für Geschlechtsidentitäten. All das soll nun rückabgewickelt werden, auf dass die ohnehin Mächtigen ihre Macht wieder unhinterfragt ausüben können.
Feindbild Wokeness
Entscheidend ist: Der offene Widerspruch einer solchen sprachpolitischen Lenkung zum Prinzip der freien Rede ist in den Augen ihrer Befürworter gar keiner. Ihnen erscheinen vielmehr die nun stigmatisierten Wörter als Ausdruck eines nicht minder autoritären Eingriffs in die Sprache, den rechte Akteure schon lange als antifreiheitliche, ideologiegetriebene Wokeness kritisieren. Ihre Tilgung erscheint so gleichsam als Befreiungsschlag.
Wie sich diese zutiefst reaktionäre Strategie auf den öffentlichen Diskurs in den USA auswirken wird, bleibt abzuwarten. Denn keineswegs sind die Wörter auf der Liste verboten; abseits von offiziellen Dokumenten können sie ohnehin nicht einfach zum Verschwinden gebracht werden. Selbst auf den Webseiten der Regierung sind die alten Textfassungen im Archiv noch problemlos einsehbar. Aber die Trump-Regierung sendet ein unüberhörbares Signal in die Gesellschaft: Marginalisierte Gruppen haben in der neuen Regierung keinen Verbündeten mehr, der sich solidarisch für die Rechte der Schwächeren einsetzt. »Allyship« nennt man diese Verbündetenschaft – und nicht umsonst ist auch dieses Wort auf dem Index gelandet. Wenn sich der Staat von diesem Grundprinzip demonstrativ abwendet, brechen kalte Zeiten an.
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